15 wichtige Ereignisse im Medien-Monat Januar 2021
Spaltung von Politik und Medien verstärkt sich
zusammengestellt von Oskar H. Metzger
- CDU im Medien-Strudel
Die Vorsitzenden-Wahl verfestigt die CDU-Spaltung zwischen Basis und Funktionären. Danach verbreiten Konservative verbittert ihren Frust. Von Friedrich Merz werden CDU-Austritt, Parteigründung bzw. Eintritt in die FDP gefordert. Nachdem sich Merz hinter Armin Laschet stellt, hängt von dessen Programm auch die mediale Diskussion der kommenden Monate ab.
- Eigentor von Gabor Steingart
Im Eifer des Gefechts schießt Gabor Steingart ein Eigentor. Er behauptet, dass die FDP Friedrich Merz ein Parteibuch samt führender Position angeboten hat. Das bestreiten Merz und Christian Lindner. Die FDP beklagt „wieder einmal Fake-News von Steingart“. Der übereifrige Publizist muss klein beigeben, als der Anwalt von Merz und Lindner Unterlassung und Widerruf fordert.
- Wettbewerbs-Wind aus der Schweiz
Kaum zu glauben. Aber in der schrumpfenden Branche der Print-Medien gibt es auch Verlage, die eine Expansion wagen. Die angesehene NZZ aus der Schweiz hat eine liberal-bürgerliche Marktnische entdeckt und baut in Deutschland aus. Aus diesem Grund wurde der Leiter des Berlin-Büros, Marc Felix Serrao, neuer Chefredakteur der „NZZ Deutschland“.
- Professioneller Deutschland-Start der NZZ
Die NZZ-Personalien lassen die Entschlossenheit und Professionalität der Expansion in Deutschland erkennen. Geschäftsführer wurde Jan-Eric Peters, der fast 20 Jahre Chefredakteur bei Springer war, davon zehn Jahre bei der Welt-Gruppe. Leiter Produkte wurde Ulrich Machold, der mehr als zehn Jahre lang Digitalprodukte für Springer entwickelte. Die NZZ kaufte also viel Springer-Expertise.
- Radikalisierung in den USA
Nach dem Präsidenten-Wechsel verstärkt sich auch die Spaltung in den USA. Die Medien positionieren sich neu. Im rechten Imperium von Rupert Murdoch muss die New York Post die Trump-Anhänger unterstützen. Ihren Journalisten wird verboten, liberale Medien zu zitieren. Außerdem werden bei Fox News 20 Mitarbeiter der Nachrichtenredaktion entlassen und der Meinungsbereich verstärkt.
- Heftige Kritik an Twitter-Zensur
Die dauerhafte Sperrung des Twitter-Kontos des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump löst auch bei seinen politischen Gegnern Kritik aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnet sie unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit als „problematisch“. Kreml-Kritiker Alexej Nawalny nennt sie einen „inakzeptablen Akt der Zensur“.
- Angriffe auf Journalisten nehmen zu
Journalisten leben gefährlich. Das zeigte sich auch bei den Ausschreitungen vor dem US-Kapitol. Dort attackierten Randalierer Pressevertreter und zerstörten technische Ausrüstung von Fernsehteams. Darunter auch beim ZDF, nachdem die Reporter sich zurückziehen mussten. Das führt zu DJV-Protesten und der Aufforderung, sich nicht einschüchtern zu lassen.
- Stern-Ressorts schlüpfen bei Capital unter
Der Sparzwang hat ein neues Opfer gefunden. „Gruner + Jahr“ bündelt die Wirtschafts- und Politik-Berichterstattung von „Stern“, „Capital“ und „Business Punk“ in Berlin. Leiter des Hauptstadtbüros wird Capital-Chefredakteur Horst von Buttlar. Die Auflösung entsprechender Ressorts mit elf Mitarbeitern erzürnt den Stern-Beirat.
- Bald rote Print-Zahlen bei Springer
Schreck in den Medien-Landschaft. Ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY wird öffentlich. Danach droht bei Springer laut internen Prognosen das nationale Print-Geschäft ab 2023 in die Verluste zu rutschen. Dazu gehören Bild und Welt. Dort könne das digitale Verlags-Angebot die sinkende Print-Nachfrage nicht kompensieren.
- Funke verkraftet Hackerangriff
Die Funke-Mediengruppe wurde Ziel eines Hackerangriffs. Die Kriminellen forderten Lösegeld für die erbeuteten Daten. Der Verlag erstellte Notausgaben und deaktivierte die Paywalls. Nach Tagen erschienen die meisten Tageszeitungen bereits wieder mit größeren Umfängen. Dafür wurden die Zeitungsseiten vielerorts im Homeoffice quasi von Hand gebaut.
- Streichorgien bei ÖR-Sendern
Deutschlandradio kündigt wegen der blockierten Erhöhung des Rundfunkbeitrags die Tarifverträge. Dadurch entfällt die Anhebung der Vergütung um 2,25%. Außerdem erscheint das NDR Medienmagazin Zapp nur noch einmal im Monat und der SWR-Intendant will die Kooperation mit dem SR intensivieren. Der DJV befürchtet bereits einen Flächenbrand von Streichorgien.
- Corona begünstigt Owned Media
In diesen Corona-Zeiten sind Orte gesucht, an denen man sich wohlfühlt. Das begünstigt Owned Media, also Medien, die ein Unternehmen betreut und kontrolliert. Wenn Messen oder andere Kommunikation erschwert werden, ist Owned Media eine starke Basis für die Ansprache der Zielgruppen. Hierzu zählen digitale Formate wie Websites, Blogs oder Youtube-Profile.
- Genderstern nur in Ausnahmefällen
Der SWR will sich um geschlechtergerechte Sprache bemühen, den Genderstern aber nur in Ausnahmefällen zulassen. Intendant Kai Gniffke ist bei der gesprochenen Variante des Gendersterns – eine kurze Pause im Wort – „sehr kritisch“. Grund: Das könne das Publikum irritieren oder verärgern. Auch der schriftliche Genderstern mache die Text-Lektüre nicht angenehmer.
- Schmerzlicher Auflagen-Rückgang
Blutbad im vierten Quartal 2020. Gegenüber 2019 IV verliert die FAZ mit 8,6% mehr als die SZ mit 0,5%. FAS büßt mit 6,8% stärker ein als WamS mit 1,0%. Bild hat den schwächsten Verkauf seit 1953 (minus 12,8%). Mit 42.604 (Abo+EV) überholt die taz (plus 1,2%) die Welt (minus 37,8%), die es nur auf 41.661 bringt. Gewinner sind Zeit mit plus 15,4% und Handelsblatt mit plus 2,4%
- Warnung vor Angst und Einschüchterung
Wer auf Impfstoff-Mangel hinweist, wird „als Miesmacher der regierungstreuen Blase zum Fraß vorgeworfen“, beklagt Julian Reichelt als Bild-Chef. Um politisches Versagen zu vertuschen, werde ein „Klima der Angst und Einschüchterung erschaffen“. Zeitungen wie die SZ und ÖR-Medien würden Alarmismus unkritisch übernehmen. Die Politik verschleiere ihre Fehler durch „Propaganda-Beschallung“.
Oskar H. Metzger (Karikatur: Bubec).
Oskar H. Metzger profilierte sich als Ressortleiter bei Handelsblatt, Augsburger Allgemeine und WirtschaftsWoche ebenso wie als Herausgeber des Finanz-Pressedienstes und stellvertretender Vorsitzender des Bayerischen Journalisten-Verbandes.
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