15 wichtige Ereignisse im Medien-Monat März 2022
Medien im Richtungsstreit
zusammengestellt von Oskar H. Metzger
- NZZ kritisiert Döpfner
Für die NZZ ist Mathias Döpfner „von allen guten Geistern verlassen“. Denn er fordere als Vorstandschef von Axel Springer und damit Europas mächtigster Verleger, die Nato müsse sofort militärisch in der Ukraine eingreifen. Damit nimmt er für die NZZ sehenden Auges „den dritten Weltkrieg in Kauf“ und setze im Journalismus „einen neuen Maßstab für gutgemeinte Verantwortungslosigkeit“.
- Aus Moskau wird weiter berichtet
Als einer der wenigen deutschen Journalisten blieb „Bild“-Chefreporter Peter Tiede ständig in Moskau. Im Meedia-Interview sagt er, wie ein Arbeiten in Russland trotz verschärftem Mediengesetz möglich ist. Aus Moskau könne man noch über viele Bereiche berichten. „Wir sind nicht in Lebensgefahr.“ Gleichzeitig würden jedoch Journalisten in der Ukraine im Luftschutzbunker sitzen.
- Für Lösungsorientierung und konstruktive Debatten
Deutsche Welle, Rheinische Post, RTL und das dänische Constructive Institute haben das Bonn Institute für Journalismus und konstruktiven Dialog gegründet. Sie setzen sich für Journalismus ein, der Menschen in den Mittelpunkt stellt und gesellschaftliche Verantwortung übernimmt. Denn viele Bundesbürger wünschen sich von Medien mehr Lösungsorientierung und konstruktive Debatten.
- Schließung der Journalistenschule
Nach zwei Jahren intensiver Gespräche und vielen Protesten steht fest: Die Evangelische Journalistenschule (EJS) in Berlin wird geschlossen. Die Kirche muss sparen. Der aktuelle 13. Jahrgang wird somit der letzte sein. Dabei hatte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche betont, dass Qualitätsjournalismus in Zeiten von digitalen Medien und Algorithmen wichtiger sei denn je.
- Werbe-Aufschwung schwächt sich ab
Nachdem das Plus im Vergleich zum Vorjahr im Januar bei 14,8 Prozent lag, sind es nach Ablauf des Februars bei den von Nielsen erfassten Medien nun noch 12,2 Prozent. Top-Werbemedium bleibt das Fernsehen, das 10,1 Prozent über dem Vorjahr liegt. Ähnlich im Plus die Zeitungen mit 10,9 Prozent mehr als 2021. Darunter liegen die Publikumszeitschriften mit plus 6,1 Prozent.
- Julian Reichelt im Angriffsmodus
Julian Reichelt ist nicht nur auf seinem Twitter-Account mit 130.000 Followern aktiv. Auch für „Cicero“ verfasst der Ex-Bild-Chefredakteur Gastbeiträge. Seit Mitte Januar ist bekannt, dass er eine eigene Plattform plant, um eine „Marklücke“ zu schließen. Reichelt will die Zielgruppe der „medial Obdachlosen“ für sich erobern: „Da wird man ja verrückt, wenn man daraus kein Geschäft macht.“
- Boris Reitschuster ausgeschlossen
Der kritische Journalist Boris Reitschuster wurde aus der Bundespressekonferenz ausgeschlossen. Laut SZ nutzte er sie auch als Bühne für Verschwörungsmythen. Grund sei jedoch sein Umzug nach Montenegro, wodurch er nicht mehr die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft erfülle. Reitschuster will sich vor Gericht dagegen verteidigen, weil er nach wie vor in Berlin arbeitet.
- Reformprozess bei Zeitschriftenverlagen
Mehr als 400 deutsche Zeitschriftenverlage sind jetzt im neuen Medienverband der freien Presse (MVFP) organisiert. Er vertrittt künftig ihre medienpolitischen Interessen und übernimmt die Funktion des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ). Zudem gab es einen Reformprozess. Die neue Vereinigung steht für mehr als 7000 Zeitschriften- und Medienangebote.
- Gedruckte Zeitung als Auslaufmodell
Eine Expertenkommission aus der Schweiz sieht die Zustellung von gedruckten Tageszeitungen als „Auslaufmodell“. Denn Informationen würden ab 2030 „überwiegend“ digital konsumiert. Deshalb werde auch die Verpflichtung zur Tageszustellung von abonnierten Zeitungen und Zeitschriften im Rahmen der Grundversorgung ab 2030 hinfällig, schreiben die Experten.
- RP startet Immobilien-Portal
„Rheinischer Post“ und „RP Online“ haben ein neues Portal gestartet. Es ist auf Informationen zu Immobilien, Bauen, Finanzieren und Mieten im Rheinland fokussiert. Außerdem gibt es Servicetipps und Ratgeber ums Wohnen, Renovieren, Sanieren oder den Objekterwerb. Zudem werden Angebote aus dem Immobilienmarkt der Printausgabe der „Rheinischen Post“ veröffentlicht.
- Böhmermann verdient ohne „viel Mühe“
ZDF-Moderator Jan Böhmermann hat ein Gag-Magazin zum Thema Yellowpress für 99 Cent herausgebracht. Es wurde mit rund 32.000 Exemplaren an Kioske ausgeliefert. Online gingen rund 98.000 Bestellungen ein. Die Redaktion musste sogar nachdrucken lassen. Ohne sich „richtig viel Mühe“ zu machen, habe er nach Abzug aller Kosten „55.139,38 Euro mit dieser Quatschzeitung verdient“.
- Funke verlässt BDZV-Verlegerverband
Die Funke Mediengruppe verlässt den BDZV-Verlegerverband Ende des Jahres. Vorausgegangen war ein Streit über die Rolle von BDZV-Präsident Mathias Döpfner, der Journalisten als „Propaganda-Assistenten“ bezeichnet hatte. Funke hatte neben Döpfners Rücktrittsforderung ein Strategie-Papier eingebracht, in dem eine grundlegende Reform des BDZV angemahnt wurde.
- Drosten-Podcast wurde beendet
Nach über 130 Folgen ist Schluss. Die Virologen Christian Drosten und Sandra Ciesek gehen zwei Jahre nach dem Start beim NDR-Info-Podcast „Coronavirus-Update“ von Bord. Die letzte Sendung ist Ende März. Das Format, das anfänglich unter der Woche jeden Tag erschien, wurde aus dem Stand zu einem großen Hörererfolg und Ende 2020 mehr als 100 Millionen Mal abgerufen.
- Tarifgehalt in Freizeit umwandeln
Bei den Tarifverhandlungen mit dem BDZV wurde erstmals die Möglichkeit geschaffen, dass Redakteure zweimal jährlich maximal ein halbes monatliches Tarifgehalt in Freizeit umwandeln können. Der Anspruch ist mit einer Vorlaufzeit von sechs Wochen geltend zu machen. Der Arbeitgeber hat eine Ablehnung schriftlich zu begründen und ist verpflichtet, einen Alternativvorschlag zu unterbreiten.
- Presserat rügt Schleichwerbung
Im Jahr 2021 hatte der Presserat zwar weniger Beschwerden, dafür aber mehr Rügen. Die meisten betrafen den Persönlichkeits- und Opferschutz sowie Schleichwerbung. Er forderte jedoch, dass die Medien Krisen nicht dafür nutzen, „mit übertrieben sensationellen Schlagzeilen zusätzliche Ängste zu schüren“. Mehrere Beschwerden bezogen sich auf Überschriften über einen drohenden Atomkrieg.
Oskar H. Metzger (Karikatur: Bubec).
Oskar H. Metzger profilierte sich als Ressortleiter bei Handelsblatt, Augsburger Allgemeine und WirtschaftsWoche ebenso wie als Herausgeber des Finanz-Pressedienstes und stellvertretender Vorsitzender des Bayerischen Journalisten-Verbandes.
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