15 wichtige Ereignisse im Medien-Monat Oktober 2021
Misstrauen gegenüber Journalisten
zusammengestellt von Oskar H. Metzger
- Junge Menschen sind misstrauisch
Junge Menschen sind in Sachsen viel im Netz unterwegs und stillen dort ihr Informationsbedürfnis. Diese Digitalisierung schafft für Markus Beiler Misstrauen gegenüber den traditionellen Medien. Darin sieht der Leipziger Medienwissenschaftler eine Gefahr für die Demokratie. „Je weniger ich über Journalismus weiß, desto skeptischer sehe ich ihn“, sagt der Studien-Experte.
- Auflage der Zeitungen auf Talfahrt
Die IVW-Analyse fürs dritte Quartal 2021 ist bitter. Bei Abo und Einzelverkauf verlieren Bild 8,5% gegenüber 2020-III, FAZ 4,2% und SZ 3,3%. Bei den Wochen- und Sonntagszeitungen gewinnt die Zeit 10,8%. Für Welt und WamS gab es wegen Angebotsänderungen keine IVW-Meldungen. Bei BamS glich das Plus bei Digital-Abos das Minus bei Papier-Einzelverkäufen weitgehend aus.
- Bei Zeitschriften ziehen Spezialthemen
Welche Themen kommen bei den Bürgern an? Im dritten Quartal 2021 waren das Lust auf Genuss (plus 30,7%) sowie Meine Familie & ich (plus 17,9%) Gegenüber 2020-III waren sie bei Abos und Einzelverkauf deshalb besonders erfolgreich, weil sie gerne in Supermärkten und Kiosken mitgenommen werden. Der Spiegel wuchs dank Digital-Abonnenten um 4,6%.
- Bild-Chef Reichelt gefeuert
Wegen in der New York Times veröffentlichtem Machtmissbrauch gegenüber Mitarbeiterinnen musste Bild-Chef Julian Reichelt gehen. Zuvor hatte Verleger Dirk Ippen bei seinem Investigativ-Team die Veröffentlichung gestoppt, um einem Wettbewerber nicht wirtschaftlich zu schaden. Die NYT-Aktivität wird auch als Abwehr eines unangenehmen Konkurrenten auf dem US-Markt eingestuft.
- Döpfner beklagt „Propaganda-Assistenten“
Im Zusammenhang mit Julian Reichelt kam auch Springer-Chef Matthias Döpfner in die Kritik. Er bezeichnete fast alle andere Journalisten als „Propaganda-Assistenten“. Reichelt sei der einzige Journalist in Deutschland, „der noch mutig gegen den neuen DDR-Obrigkeitsstaat aufbegehrt“. Döpfner ruderte zwar zurück, ist jetzt aber auch als Präsident des Zeitungsverleger-Verbands umstritten.
- Springer stellt mehr als 600 Journalisten ein
Axel Springer will mehr als 600 Journalisten entstellen. So sollen aus 2.400 Journalisten in fünf Jahren mehr als 3.000 werden. Dabei ist der Politico-Kauf noch nicht eingerechnet. Für Vorstand Jan Bayer ist Journalismus ein wachsendes Geschäftsmodell, obwohl man im analogen Bereich verliert. Ob konservative US-Medien ein Vorbild für die Expansion sind, wurde nicht gesagt.
- DuMont leidet unter Papiermangel
Wegen Papiermangel erwägt DuMont Kürzungen des Umfangs einiger Zeitungen und Zusammenlegungen bestimmter Ausgaben. Dabei erscheinen beispielsweise lokale und sublokale Berichte bei Kölner Stadt-Anzeiger und Kölnische Rundschau statt wie bisher in zwei Teilen nur in einem. Beim gedruckten Express könnte kurzfristig der Umfang leicht reduziert werden.
- Trump macht Twitter Konkurrenz
Ex-Präsident Donald Trump startet das alternative Netzwerk Truth Social. Mit der „Wahrheit“ will er konservative Themen verbreiten, die er bei Twitter, Facebook und Youtube wegzensiert sieht. Trumps Konten waren mit 89 Mill. Nutzern bei Twitter gesperrt worden. Mit seinem neuen Medienkonzern wehrt er sich gegen Silicon Valley, das oppositionelle Stimmen „zum Schweigen bringen würde“.
- SPD-Justizministerin verbannt Gendern
SPD-Justizministerin Christine Lambrecht nahm die Haltung des „Rats für Deutsche Rechtschreibung“ zum Anlass, das Gendern aus dem Schriftverkehr von Behörden und Ministerien zu verbannen. Die ÖR-Sender wollen sich aber nicht daran halten und lassen jede Redaktion schreiben, wie sie will. CSU-MP Markus Söder hat die Gender-Schreibung an den bayerischen Universitäten ebenfalls gestoppt.
- Zeitungs-Tod fördert Wirtschaftskriminalität
Eine US-Untersuchung kommt zu gruseligen Ergebnissen. Danach steigen Umweltverschmutzung und Wirtschaftskriminalität, wenn Lokalredaktionen schließen. Wenn ihnen keine Journalisten mehr auf die Finger schauen, sei das für viele Firmen offensichtlich ein Freifahrtschein für Betrug und Regelverletzung. Werde über eine Strafe nicht berichtet, leide darunter auch nicht die Reputation.
- NZZ beklagt politischen Kulturkampf
Die bürgerliche NZZ beklagt den politischen Kulturkampf. Linke Kreise hätten im Internet den Pranger wieder salonfähig gemacht. Wer eine vom rot-grünen Mainstream abweichende Meinung äußere, sehe sich zuverlässig dem Vorwurf ausgesetzt, er sei rechts, beklagt Chefredakteur Eric Gujer. Das meine in aller Regel: rechtsextrem oder mindestens rechtspopulistisch.
- MDR kooperiert mit sächsischer Polizei
Der MDR und die sächsische Polizei wollen künftig enger zusammenarbeiten. Dazu gehören auch Medienschulungen für Auszubildende. Anlass ist die verschärfte Bedrohungslage für Journalisten bei Demonstrationen und Polizeieinsätzen. Kritische MDR-Berichte über die Polizei bleiben von der Kooperations-Vereinbarung unberührt.
- Zensur-Vorwürfe gegen Youtube
Youtube muss ein regierungskritisches Video von #allesaufdentisch wieder aufschalten. Laut Gericht wurde den Künstlern nicht mitgeteilt, welche Passagen gegen die Richtlinien verstoßen hätten. Anwalt Joachim Steinhöfel kommentierte, die Zivilkammer 28 des Landgerichts habe der Zensurmaschinerie von Youtube deutlich gemacht, „dass hier rechtsstaatliche Grenzen überschritten wurden“.
- Mainstream-kritische Journalisten auf Todeslisten
Mainstream-kritische Journalisten berichten, dass sie sich auf Todeslisten mit 250 Namen wiederfinden. Viele Betroffene kenne man aus Listen des prominenten ZDF-Mitarbeiters Jan Böhmermann. Auf einer „Liste der 250 größten Menschenfeinde“ würden sich Autoren, Publizisten, Ärzte, Politiker mehrerer Parteien und Schauspieler befinden, die Merkel-Maßnahmen kritisiert hätten.
- Pandora-Papers sind Erfolg für Datenjournalismus
Die Analyse von fast 12 Mill. Dateien aus den Pandora Papers enthüllt zahlreiche Offshore-Steuerflüchtlinge weltweit. Dafür untersuchten mehr als 600 Pressevertreter eine gigantische Materialfülle. Das hat den Datenjournalismus vorangetrieben. In den Papieren steckten Angaben von mehr als 27.000 Firmen und 29.000 wirtschaftlich Berechtigten von elf Anbietern.
Oskar H. Metzger (Karikatur: Bubec).
Oskar H. Metzger profilierte sich als Ressortleiter bei Handelsblatt, Augsburger Allgemeine und WirtschaftsWoche ebenso wie als Herausgeber des Finanz-Pressedienstes und stellvertretender Vorsitzender des Bayerischen Journalisten-Verbandes.
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