15 wichtige Ereignisse im Medien-Monat September 2021
Kritik an Wahlkampf-Berichten
zusammengestellt von Oskar H. Metzger
- Zuwachs bei der „Glotze“
Wahlentscheidend waren für Gerhard Schröder stets „Bild, BamS und Glotze“. Nun ist der Springer-Konzern mit Bild-TV auch bei der Glotze dabei. Der neue Fernsehsender interviewte zum Start frech die Kanzlerkandidaten Armin Laschet und Olaf Scholz. Annalena Baerbock hatte eine Teilnahme abgelehnt. Zum PR-Erfolg sollen bei Bild-TV auch Fragen beitragen, „die ÖR-Sender nicht stellen“.
- Wortungetüme bei Wahlprogrammen
Wortungetüme und Bandwurmsätze machen Wahlprogramme unverständlich. Zu diesem Urteil kommt eine Studie der Universität Hohenheim. So kennt nur die FDP die Bedeutung der „Quellentelekommunikationsüberwachung“. Sprachliche Hürden ärgern aber auch bei anderen Parteien. Auf Kritik stoßen „denglische Kunstwörter“ wie Cybergrooming (Grüne) der Life-Chain (SPD).
- Interessen-Vertretung der PR-Profis
Welche Partei vertritt die Interessen der Kommunikations-Profis am stärksten? Laut Umfrage sind das die Grünen mit 29,0%. Es folgen SPD (15,8%) und CDU/CSU (13,5%). Erstaunlicherweise kommt dann die AfD mit 12,9%, während FDP (9,5%) und Linke (8,9%) dahinter liegen. Wunsch-Kandidaten sind Annalena Baerbock (29,1%), Olaf Scholz (22,7%) bzw. Armin Laschet (12,2%).
- Streit um Partei-Plakate
Der Außenwerber Ströer lehnt als „neutrales Unternehmen“ künftig Aufträge für parteipolitische Werbung ab. Bisher wurden Buchungen sämtlicher im Bundestag vertretenen Parteien akzeptiert. Jetzt gab es wegen AfD-Werbung Boykottaufrufe, Bedrohungen von Mitarbeitern und Sachbeschädigungen. Anlass sind Aktivitäten des Rechercheverbunds „Correctiv“.
- Manipulation bei Umfrage?
Dem RBB wird Manipulation vorgeworfen. Denn in einer Umfrage kam bei ihm auch der Grünen-Politiker Georg Kössler zu Wort. Als offenbar zufällig ausgewählter Radfahrer durfte er sich zu den Gefahren auf Berlins Straßen äußern. Kössler, der wieder ins Abgeordnetenhaus gewählt werden wollte, war bei der Umfrage nicht als Grünen-Sprecher für Klima- und Umweltschutz gekennzeichnet.
- Gegen Vorurteile im Journalismus
Guter Journalismus soll für Springer-Chef Mathias Döpfner nicht die eigenen Vorurteile bestätigen, sondern eher infrage stellen: „Wir stellen unbequeme Fragen und schauen den Mächtigen auf die Finger.“ Wer kritisch nach allen Seiten sei, leiste Demokratie und offener Gesellschaft den besten Dienst. Beunruhigend sei der Gleichklang der Meinungen in vielen Medien und dem ÖR-Rundfunk.
- Rot-grüner Mainstream bekommt Gegengewicht
In Deutschland bildet sich ein Gegengewicht zum rot-grünen Mainstream. Konservative und Liberale bereiten die Gründung der „Denkfabrik R21“ für bürgerliche Politik vor. Damit wollen sie Gefahren für „die offene Gesellschaft und ihren Wohlstand von links“ begegnen. Im Focus stehen dabei Identitätspolitik, Cancel Culture und Rechtspopulismus.
- Viele Sky-Entlassungen
Bei Sky geht der Umbau weiter. Nun wurde die Schließung von zwei Abteilungen angekündigt. Dadurch verlieren rund 110 Mitarbeiter durch Entlassung ihren Job. Einigen Kollegen wurden Aufhebungsverträge angeboten. Nicht zu übersehen ist der Bedeutungsverlust für Deutschland, da bei Sky künftig noch mehr Entscheidungen in London getroffen werden.
- EZB-Medien-Kritik stößt auf Widerstand
Prof. Isabell Schnabel aus dem EZB-Direktorium übt Medien-Kritik. Denn die Inflations-Berichterstattung gefällt ihr nicht wegen Angstmacherei. Deshalb wird sie von Gabor Steingart als Chef-Propagandistin der EZB-Politik bezeichnet. Steingart wörtlich: „Die Ängste der Menschen sind real. Man wünschte, sie wären unbegründet.“ Und: Die EZB soll die Bürger retten und nicht die Finanzminister.
- WDR setzt Moderatorin nicht ein
Der WDR setzt die geplante Moderation von Nemi El-Hassan aus. Hintergrund ist ihre Teilnahme an einer Demo, bei der antisemitische Parolen gerufen wurden. Die Journalistin hatte sich von der Demo distanziert und ihre Teilnahme als Fehler bezeichnet. Der WDR kündigte eine Prüfung an, weil es auch schwer wiege, einer jungen Journalistin eine berufliche Entwicklung zu verwehren.
- Ausdünnung bei Korrespondenten
„Was ist los mit dem Zeitungsjournalismus““, fragt der DJV. Denn in Rheinland-Pfalz wechseln drei Landes-Korrespondenten als Sprecher in Ministerien. Dadurch wird die Szene brutal ausgedünnt. Kollegen sprechen bereits von einer Katastrophe, weil drei von vier Regionalzeitungen ihre Korrespondenten verlieren. Grund für den DJV: „Ausgebrannt. Gestresst. Überlastet. Demotiviert.“
- Steigender Papierpreis macht Sorgen
Der steigende Papierpreis setzt die Verlage unter Druck. Denn der Mangel an Altpapier erhöht die Kosten der Zeitungsproduktion. Der Altpapier-Preis ist seit Jahresbeginn um 70% gestiegen, weil für die Zeitungsproduktion wegen Corona und Lockdown weniger Material zur Verfügung steht. Deshalb fordern die Verlage von der Papierbranche ein Entgegenkommen.
- Führungswechsel bei RTL
Der Zusammenschluss des Zeitschriftenhauses Gruner + Jahr mit dem Fernsehsender RTL hat Konsequenzen. Der bisherige Chef Bernd Reichart bekommt neue Aufgaben. Die neue Führung von RTL Deutschland besteht nun aus Stephan Schäfer und Matthias Dang. Kritiker lästerten über den Zusammenschluss von RTL mit der „linksorientierten Geldvernichtungsmaschine aus Hamburg“.
- Knappere „Welt“ für weniger Geld
Einen günstigeren Preis hat jetzt die bürgerliche Welt mit 2 Euro nach zuvor 2,80 Euro. Dafür umfasst die „Tageszeitung fürs Wesentliche“ fünfmal in der Woche auch nur noch 16 Seiten. Die Samstags-Ausgabe entfällt zugunsten einer zweigeteilten “Welt am Sonntag“ mit dem Werbespruch „Zeitung von morgen“. Denn die Wams-Ausgabe vom Samstag erscheint aktualisiert auch am Sonntag.
- Pauschalverurteilung der PR-Branche
Der DRPR kritisierte die Diskreditierung der PR-Branche in einem ARD-Fernsehbeitrag. Dort wurde unter dem Titel „Wahlkampf Undercover“ untersucht, wie PR-Agenturen in London manipulieren. Bei der verdeckten Recherche kam es zu einer Pauschalverurteilung der PR-Branche. Denn man erweckte den Eindruck, die Agenturen seien auch im deutschen Wahlkampf präsent.
Oskar H. Metzger (Karikatur: Bubec).
Oskar H. Metzger profilierte sich als Ressortleiter bei Handelsblatt, Augsburger Allgemeine und WirtschaftsWoche ebenso wie als Herausgeber des Finanz-Pressedienstes und stellvertretender Vorsitzender des Bayerischen Journalisten-Verbandes.
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