15 wichtige Ereignisse im Medien-Monat Januar 2022
In der Medien-Branche brodelt es
zusammengestellt von Oskar H. Metzger
- US-Lokalzeitungen werden ausgeschlachtet
Vorbild USA? Dann stehen den deutschen Print-Medien schwere Zeiten bevor. Denn in USA ist der Hedgefonds Alden Global Capital bereits zweitgrößter Besitzer von Lokalzeitungen. Die trimmt er auf Rendite und schlachtet sie aus. Rendite durch dramatische Reduzierungen der Belegschaft und Umzug in billigere Standorte. Ausschlachten durch den Verkauf der Zeitungs-Gebäude.
- Radikalkur bei Stuttgarter Tageszeitungen
Modell für den deutschen Tageszeitungs-Journalismus? Die SWMH probiert es bei Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten aus. Dort gibt es künftig keine Ressortleiter für Innen- und Außenpolitik oder Wirtschaft. Gesteuert wird mit 22 Themen-Teams. Sie sollen im Internet mehr Texte verkaufen und hohe Kickzahlen erzielen. Dafür werden in der Gruppe 55 von 295 Redakteuren abgebaut.
- ÖR-Reformmodell aus Sachsen-Anhalt
Die CDU in Sachsen-Anhalt legt ein ÖR-Reformmodell vor. Es soll die ARD umwandeln. „Das Erste“ soll Schaufenster der Regionen werden und nicht mehr gegen das nationale „Zweite Deutsche Fernsehen“ antreten. Die strukturelle Umwandlung könne zu massiven Einsparungen führen. Doch aktuell geht es den Bundesländern laut FAZ darum, Netflix und Co. „Paroli zu bieten“.
- BBC-Rundfunkgebühren in der Schusslinie
Bestattet die britische Regierung die BBC? Die Rundfunkgebühr von 190 Euro soll bis 2024 eingefroren werden. Dann ist Schluss damit. Ab 2027 soll BBC durch Teilprivatisierung und Abo-Modelle zu Geld kommen. Dadurch stünden tausende Jobs sowie etliche Programme und Spartensender zur Disposition. Der Schritt soll der verstärkten Bedeutung von Streaming-Diensten Rechnung tragen.
- RAI-Umbau soll Einsparungen bringen
Der neue Manager Carlo Fuortes will die italienische ÖR-Fernsehanstalt RAI umbauen, um Qualität zu steigen und Einsparungen zu erzielen. Denn Werbeeinnahmen sinken und Gebühren sollen nicht erhöht werden. Deshalb sollen dezentral organisierte Nachrichten-Redaktionen in einem Newsroom gebündelt werden, der alle Nachrichten-Sendungen und die Online-Plattform beliefert.
- Print-Auflagenverluste im vierten Quartal
Im vierten IVW-Quartal 2021 gab es für überregionale Tageszeitungen bei Abo und Einzelverkauf nur Minuszahlen. „Bild“ fiel unter die Millionen-Marke. Aufsteiger ist „Die Zeit“. Bei Publikumszeitschriften verloren drei Viertel gegenüber 2020. Zu den Gewinnern zählt der „Spiegel“, allerdings nur aufgrund seiner wachsenden Digital-Abo-Kartei. Die Programmzeitschriften büßten stark ein.
- NZZ kritisiert Ringier-Verlag für Regierungs-Unterstützung
In ein Wespennest sticht die konservative „NZZ“. Sie kritisiert die Aussage von Ringier-CEO Marc Walder über eine Unterstützung der Regierung in der Pandemie-Politik „durch unsere mediale Berichterstattung“. Das sei die Bankrotterklärung eines der größten Medienunternehmen der Schweiz. Denn Regierungs-Unterstützung sei nicht Aufgabe von Journalisten, mahnt die „NZZ“.
- Dänen-Zeitung entschuldigt sich wegen Corona-Berichten
Aufsehen erregt „Ekstra Bladet“ als eine der größten dänischen Zeitungen. Denn man hat sich für sein journalistisches Versagen während der Corona-Pandemie entschuldigt. Und warum? Man habe nur offizielle Regierungsmitteilungen veröffentlich, ohne diese zu hinterfragen. „Wir haben versagt“, überschreibt das Boulevardblatt sein unkritisches Verhalten.
- Medien verlieren an Vertrauen
In einer Forsa-Studie kommen die Medien schlecht weg. Presse und Fernsehen geraten geradezu in eine Kernschmelze. Denn Zeitungen und Zeitschriften vertrauen nur noch 46% (minus 3 Prozentpunkte) der Bundesbürger. Zutrauen zum Fernsehen empfinden gerade mal 32% (minus 5 Prozentpunkte). Nur das Radio genießt mit 55% (minus 3 Prozentpunkte) ein höheres Vertrauen.
- Kleber geißelt Einseitigkeit
Ex-ZDF-Moderator Claus Kleber glaubt, dass die Journalisten ihren Beitrag geleistet haben, dass es eine große Gruppe von Menschen gibt, „die sich in den Medien nicht mehr vertreten sehen“. Das seien Menschen mit konservativen Werten in Religion, Familie, Nation. Sie seien die Klientel geworden, „die Leute wie Boris Johnson und Donald Trump oder die AfD für sich entdeckt haben“.
- Angriffe auf britische Journalisten
Die britische BBC ist um die Sicherheit ihres prominenten Journalisten Nicholas Watt besorgt. Radikale Corona-Demonstranten haben ihn angegriffen und durch die Straßen gejagt. Die BBC sucht jetzt bei der Polizei Rat, wie sich ihre Journalisten am besten schützen können, wenn sie auf Reportage sind oder wenn sie im Internet zum Ziel von Hass-Kampagnen werden.
- Drohungen aus Russland zurückgewiesen
Der russische Botschafter in Berlin stieß Drohungen gegen deutsche Journalisten in Russland aus. Das war seine Reaktion auf Einschränkungen für den russischen Staatssender „RT“ in Deutschland. Eine solche Drohung darf nicht unbeantwortet bleiben, sagte der DJV-Bundesvorsitzende. Er erwarte von Außenministerin Annalena Baerbock, „ein deutliches Zeichen in Richtung Russland“.
- Stärkt GETTR die Meinungsfreiheit?
Aus den USA kommt das neue soziale Netzwerk „GETTR“. Es will, wie es heißt, die Vormacht zensierender Plattformen wie Twitter, Youtube und Facebook brechen und echte Meinungsfreiheit garantieren. Das Netzwerk hatte dank des Reitschuster-BPK-Rauswurfs den erfolgreichsten Tag seit seinem Start. Auch der ehemalige Bundesverfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen ist dabei.
- BDZV-Wunschzettel an die Regierung
Auf dem Wunschzettel von BDZV-Präsident Mathias Döpfner an die Regierung steht die Förderung der Zeitungs-Zustellung. Das sei wichtig für die knapp zwölf Mill. Abonnenten, die sich für eine gedruckte Zeitung entschieden haben. In einer, wie er sagte, „satirischen Nachricht“ hatte Döpfner deutsche Medien – außer „Bild“ – als kollektiv obrigkeitshörig bezeichnet und sich dafür entschuldigt.
- Gabor Steingart auf Erfolgskurs
Gabor Steingart verdoppelt seine Flotte von einem auf zwei Schiffe. Gleichzeitig stellt seine Plattform 25 neue Mitarbeiter ein. „Media Pioneer“ habe die Planziele 2021 erreicht. Sein täglicher Newsletter „Morning Briefing“ hat 215.000 Abos und die Podcasts erzielen wöchentlich 1,2 Mill. Streams. Aus „Morning Briefing“ wird „The Pioneer Briefing“ und es bekommt eine kostenlose Basis-Version.
Oskar H. Metzger (Karikatur: Bubec).
Oskar H. Metzger profilierte sich als Ressortleiter bei Handelsblatt, Augsburger Allgemeine und WirtschaftsWoche ebenso wie als Herausgeber des Finanz-Pressedienstes und stellvertretender Vorsitzender des Bayerischen Journalisten-Verbandes.
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