Corona
Es gibt auch noch andere Krisen
Neben Covid 19 gibt es auch noch andere Probleme. Wenn sie von der Pandemie überdeckt und unerkannt bleiben, kann das für ein Unternehmen ebenfalls bedrohlich sein. Ob das Top-Management ein Ereignis oder eine Entwicklung überhaupt als Krise ansieht, hängt sowohl von den Fakten und der Situation als auch von den höchst subjektiven Interpretationen und Wahrnehmungen der Betroffenen ab. Ihr Urteil ist ausschlaggebend.
Das Problem rechtzeitig erkennen
Krisen sind auf jeden Fall unvorhergesehene und unklare Situationen, die den Fortbestand einer Firma in ihrer bisherigen Form und die Reputation in Frage stellen können. Sie rechtzeitig zu erkennen, kann zukunftsentscheidend sein.
Welche Kommentare oder Kritiken im Netz sollte man ernst nehmen? Kann sich eine kleine Meldung zu einer Krise entwickeln? Hat ein kritischer Artikel eines Journalisten oder eines Bloggers die Kraft, auch andere zu überzeugen, das Thema aufzugreifen?
Lähmende Zielkonflikte vermeiden
Nicht nur objektive Gegebenheiten geben den Ausschlag, ob eine Firma eine Krise gut bewältigt, sondern auch die Art und Weise, wie sie die Lage einschätzt und mit den Akteuren umgeht. Hier spielen in erster Linie die subjektiven Einschätzungen der Unternehmensvertreter eine wichtige Rolle. Glauben sie, dass ein Anlass oder eine Entwicklung „Stoff“ für eine Krise enthält? Ab wann kann eine Krise nicht mehr ignoriert werden?
Lähmende Zielkonflikte zwischen den Meinungen von Personen und Verantwortungsbereichen (z. B. Public Relations versus Vertrieb / Marketing, Kommunikationsverantwortliche versus Juristen) oder Hierarchieebenen (Kommunikationsabteilung und Top-Management) sind in der Unternehmenspraxis bereits angelegt. Wie diese Entscheidungsprozesse ablaufen und welches Ergebnis sie produzieren, stellt letztlich einen wichtigen Einflussfaktor für den Verlauf einer Krise dar sowie für die Chancen, verlorenes Vertrauen wieder zu gewinnen.
Informationsvakuum durch Zögern und Schweigen
Entscheidungen, wie man mit der unangenehmen Krisensituation umgeht, müssen schnell fallen. Eine offensive Kommunikationspolitik, die sofort umgesetzt wird, fällt aber meist schwer. Viele Unternehmen wählen erst nach einer Zeitperiode des Zögerns oder der Inaktivität diesen Weg und erschweren sich damit die Überzeugungsarbeit.
Zwar sind die Grundgesetze einer effizienten Krisenkommunikation in Theorie und Praxis gleichermaßen bekannt: schnell sein, konsistent und ohne Widersprüche mit einer Stimme sprechen und möglichst offen. Dennoch sieht die Kommunikationspraxis in vielen Fällen noch anders aus. Durch Zögern oder Schweigen baut sich ein Informationsvakuum auf, das andere Akteure füllen. Und Widersprüche in der Öffentlichkeit kosten Glaubwürdigkeit. Die Krise nimmt ihren Lauf.
Strategien gegen Medienrisiken
Krisensituationen werden heute in erster Linie durch die Berichterstattung in Offline- und Online-Medien beschleunigt. Redaktionen ringen um die Aufmerksamkeit ihres Publikums und um ihre Zukunft im digitalen Medienzeitalter. Auf diesem Weg heißt ihr Motto: Schnell, zugespitzt und emotional.
Von einem „entfesselten Mediensystem“ ist die Rede, das zunehmend für Unternehmen sogenannte „Medienrisiken“ produziert. Sie müssen schmerzhaft lernen, die Medienberichterstattung in ihre Risikoeinschätzung einzubeziehen und Präventionsstrategien zu entwickeln.
Zwei Gesichter einer Krise
Wo liegen die Ansatzpunkte für ein offensives Handling derartiger Krisen? Entscheidend ist zu erkennen, dass sowohl die Berichterstattung in den Medien als auch konkrete Entscheidungen in den Unternehmen eine Krise beschleunigen können. Medienkrisen haben also zwei Gesichter.
Die Krisenverläufe, begleitet von kurzatmiger Medienberichterstattung und schnellen Themenkarrieren, werden also einerseits von Medien angetrieben, weil sie komplexe Themen verkürzen, vereinfachen, boulevardisieren und skandalisieren. Andererseits tragen aber meist auch die Unternehmen selbst dazu bei, dass Situationen eskalieren oder sich emotional in der Öffentlichkeit aufheizen – durch mangelnde Vorbereitung und Professionalität.
Gute Vorbereitung ist alles
Krisenkommunikation kann zwar nicht bis ins letzte Detail im Voraus geplant, aber vorbereitet werden. Eine Krise kann als wertvoller Impuls wirken, wenn dem betroffenen Unternehmen die Situation nicht völlig entgleitet. Falls es bereits einen Krisen-Aktionsplan erarbeitet hat, kann es sich im Ernstfall auf vorhandene Denk- und Handlungsmuster, Kontaktdaten und Sprachregelungen zurückgreifen und auf die Optionen der neuen Lage konzentrieren.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Kommunikation außer Kontrolle gerät, wird durch eine sorgfältige Vorbereitung verringert. Dazu trägt allein das subjektive Sicherheitsgefühl bei, das man im Vorbereitungsprozess gewonnen hat. Das Management ist von den Krisensymptomen nicht „gelähmt“, sondern hat Spielraum zur kreativen Bewältigung der Situation. In vielen Fällen trägt dann eine bewältigte Krise sogar zu einer positiven Neuorientierung des Unternehmens bei.
Fünf Verhaltensmuster und Kernbotschaften
Auch wenn Krisensituationen in der Praxis häufig Probleme bereiten, hilft Kommunikationsprofis die Kenntnis solcher Abläufe. Diese Kernbotschaften sollten jedem Krisenmanager bekannt sein:
- Wir haben ein Problem.
- Wir haben es erkannt und arbeiten daran.
- Wir sind kompetent in der Problemlösung.
- Wir informieren umfassend und kontinuierlich.
- Wenn die Zeiten wieder ruhiger werden und die heiße Medienberichterstattung abgeflaut ist, müssen offensiv Themen besetzt werden, um eventuelle Reputationsschäden wieder auszugleichen.
Ein Umfeld des Misstrauens
Unternehmen agieren mit ihrem Krisenmanagement in einem gesellschaftlichen Umfeld aus Misstrauen, Unsicherheit bis hin zu Angst. Nahezu alle Institutionen und Unternehmen verlieren Vertrauen bei den Menschen. Mehrheitlich glauben die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr, was die Unternehmen sagen.
Politische Institutionen wie Bundesregierung, Bundestag oder Oppositionsparteien haben ebenfalls bei den meisten Befragten sinkende Glaubwürdigkeit, weil sie sich von ihnen in ihren Interessen, aber auch Sorgen und Ängsten nicht mehr repräsentiert fühlen. Gleichzeitig kämpfen die Medien und der Journalismus gegen Vertrauensverluste und um ein Publikum, das sich anderen Quellen zuwendet.
Firmen unter Rechtfertigungsdruck
Steht eine Neuausrichtung des Krisenmanagements bevor? Wie könnte es aussehen? Schließlich agieren die Unternehmen in einer äußerst volatilen Situation, die selbst über kurze Zeitzyklen kaum kalkulierbar und berechenbar erscheint – einem Tanz auf Eisschollen vergleichbar, die aber schmelzen.
Immer mehr Firmen geraten unter Legitimationsdruck, denn die Menschen stellen zunehmend kritische Fragen – nicht nur an Banken und Versicherungen, sondern auch an die Unternehmen der Realwirtschaft – nach ihrer Verantwortung für die Gesellschaft, im Klimawandel, bei der sozialen Gerechtigkeit und beim Umgang mit Menschen, mit Arbeitnehmern, Kunden und Lieferanten.
Die Medienkrisen nehmen zu. Nicht nur das Internet, auch die „alten“ Medien produzieren Risiken für die Reputation von Unternehmen am laufenden Band. Die Krisen werden also auch nach Ablauf der Pandemie eine Normalität bleiben. Die gut vorbereitete Krisenkommunikation muss es ebenso sein.
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