Social Media
Die neue Macht der Mitarbeiter
Mitarbeitende als Whistleblower? Unzufriedenheit in der Belegschaft und kritische Statements für jedermann in Social Media zu lesen? Eine neue und bittere Normalität in der Unternehmenskommunikation.
Gleiches gilt auch für Kritik an Managern oder Entscheidungen der Geschäftsführung, die häufig gespickt mit internen Details im Netz stehen. Da helfen auch die sogenannten „Social Media Guidelines“ der Unternehmen wenig, die den Mitarbeitenden Orientierungsplanken für das Verhalten im Internet geben wollen.
Wenn ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin sich ärgern oder ungerecht behandelt fühlen, finden sie schnell eine Möglichkeit, ihre Kritik vor großem Publikum auszubreiten. Vor allem jüngere Mitarbeitende sind sich der neuen Macht gegen über ihrem Arbeitgeber bewusst – und setzen sie ein.
Interna in anonymen Briefkästen
Online-Plattformen wie „kununu“ geben jedem die Möglichkeit, anonym Firmen zu bewerten und „Interna“ öffentlich zu machen. Redaktionen haben anonyme Briefkästen, damit Leser, Mitarbeiter und Kunden leicht firmeninterne Informationen ausplaudern können. Die Hemmschwelle für die Veröffentlichung von sensiblen Themen sinkt bei Mitarbeitenden und Führungskräften gleichermaßen.
Damit liegt die Kontrolle über Unternehmensinformationen nicht mehr allein in den Händen der Kommunikationsverantwortlichen. Der einzelne Mitarbeitende entscheidet. Auch die klassischen Medien – Presse, Radio und Fernsehen – berichten immer emotionaler und produzieren Medienrisiken am laufenden Band. Zudem brechen sie als Kanäle für die Veröffentlichung von Pressemitteilungen immer mehr weg. Was tun?
Botschafter für gute und schlechte Nachrichten
Viele Firmen steuern deshalb um, wie Umfragen unter den Top-500 Unternehmen zeigen. Sie wollen Mitarbeitende als Botschafter für ihren Arbeitgeber gewinnen. Aus diesem Grund setzen sie die eigenen Mitarbeitenden und Führungskräfte ganz oben auf die Agenda der Kommunikationsmaßnahmen. Sie wenden sich direkt an diese Zielgruppe, um sie zu überzeugen und zu „gewinnen.“ Denn sie kann Botschafter für gute oder schlechte Nachrichten sein.
Im Social-Media-Zeitalter setzen die meisten Unternehmen – trotz unbestreitbarer Risiken – auf Mitarbeitende als „Markenbotschafter“ oder „Corporate Influencer“. 83 % der befragten Top-500 Unternehmen sind sich bewusst: die Führungskräfte als Multiplikatoren zu gewinnen, ist der entscheidende Dreh- und Angelpunkt dafür, ob vor allem die interne Kommunikation gelingt und überzeugt.
Auf neue Realität eingestellt
Jede zweite Firma stellt sich offensiv der neuen Realität, dass heute jeder zum Kommunikator werden kann. Man hat meist schmerzlich erfahren, dass die eigenen Mitarbeiter inzwischen ohnehin selbstbewusst die Möglichkeiten nutzen, die ihnen die digitalisierte Welt bietet.
Ob sie nun Gutes oder Schlechtes über ihren Arbeitgeber verkünden, hängt letztlich davon ab, ob sie sich mit ihrer Firma identifizieren, eine motivierende Führungspraxis erleben und mit ihrer Position bzw. Perspektive im Unternehmen zufrieden sind.
Unterstützung der Führungskräfte
Mit Hochdruck rüsten die Top-500 Unternehmen die Websites und vor allem die Intranets auf. Sie etablieren Social-Media Plattformen für die eigene Belegschaft und geben ihnen „Social Media Guidelines“ zum Umgang mit den Medien.
Sie unterstützen die Führungskräfte in ihren Kommunikationsaufgaben durch Coaching, geschlossene Nutzerbereiche im Intranet oder vorbereitete Unterlagen für die Regelkommunikation mit den Mitarbeitenden. Denn die Zeit der Manager ist knapp. Wer sie als Kommunikatoren gewinnen will, sollte ihnen nützlichen Service für den Arbeitsalltag bieten.
Themenschwerpunkte festlegen
Woher kommt dieser Perspektivwechsel im Management der Unternehmenskommunikation und die Ausrichtung auf „intern first“? Die Gründe für die Priorisierung der internen Kommunikation liegen auf der Hand: Je größer die Unsicherheiten für die Firmen im Umfeld werden, desto wichtiger wird eine „Inside-Out“-Kommunikationsstrategie. Sie legt Themenschwerpunkte und Botschaften fest, die man zuerst nach innen vermittelt, bevor sie nach außen zu den Zielgruppen transportiert werden.
Interne Kommunikation als Aktionsfeld hat in Unternehmen oberste Priorität, weil sie wissen: Mitarbeitende arbeiten motivierter, wenn sie gut informiert sind. Effiziente interne Kommunikation macht Firmen auch wettbewerbsfähiger und innovativer, weil sie einfach schneller und kostengünstiger agieren. Wenn Mitarbeitende sich gut eingebunden fühlen, sinkt auch das Risiko, dass sie als Whistleblower kritische Themen nach außen tragen. Alles zusammen – ein enormer Wettbewerbsvorteil.
Teure Personalagenturen überflüssig machen
Und noch ein Beweggrund, warum Firmen sich auf ihre interne Kommunikation fokussieren. Es geht um qualifizierte und erfahrene Mitarbeitende bzw. Fach- und Führungskräfte. Unternehmen wollen sie an sich binden und Fluktuation reduzieren. Denn wenn teure Personalagenturen eingeschaltet werden müssen, weil qualifizierte Bewerbungen fehlen oder die Fluktuationsrate über dem Branchendurchschnitt liegt, wird es für die Firmen kostspielig.
Die Unternehmen setzen daher in ihrer Arbeitgeberkommunikation nach innen vor allem auf schnelle interne Kommunikationsabläufe, eine bessere Zusammenarbeit zwischen Kommunikation, Marketing, Personal und IT, die Unterstützung der Führungskräfte und einen massiven Aus- und Umbau der Intranets.
Mitarbeiter als glaubwürdige Influencer
Die eigenen Mitarbeiter spielen im Zeitalter von Social Media die Hauptrolle als Bindeglied zwischen den Firmen und ihren Zielgruppen. Immer mehr Unternehmen setzen daher auf sie als Influencer in den Online Communitys. Sie sind nicht nur kostengünstiger als bezahlte „Instagrammer“ oder „YouTuber“, sondern auch viel glaubwürdiger. Außerdem kennen sie das Unternehmen und die Produkte und müssen nicht erst mit ihnen vertraut gemacht werden.
Mitarbeiter als Botschafter werben inzwischen für ihre Firmen beispielsweise bei Vorträgen, in sozialen Netzwerken und auf Messen. Microsoft setzt Fachleute, die auf Konferenzen, Tagungen oder Firmenveranstaltungen auftreten, systematisch mit dem „Microsoft Speakers Bureau“ ein.
Content-Vorschläge für die Belegschaft
Andere Unternehmen unterstützen Mitarbeitende bereits aktiv bei der Kommunikationsarbeit in den Social Media durch interne Websites, auf denen sie Content und freigegebene Themen zum Posten finden. So müssen sie nicht lange suchen oder gar befürchten, etwas Falsches zu veröffentlichen. Coaching zeigt ihnen, wie man formuliert und kommentiert.
Denn: angesichts der neuen Macht der Mitarbeitenden zählen nur ein intensives Einbinden in die interne Kommunikation, überzeugende Argumente und eine motivierende Unternehmenskultur.
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