Zwölf wichtige Ereignisse im Medien-Monat Oktober
Schrumpfen Meinungsfreiheit und Presseabteilungen?
- Tesla
Ein neuer Trend? Anfragen werden nicht beantwortet. Denn Tesla hat seine PR-Abteilung aufgelöst. Damit sei man wieder einmal der Erste, kommentiert süffisant eine Newsseite. In Europa und Asien soll es noch einige PR-Manager von Tesla geben. Sonst bleibt nur der Versuch, via Twitter den oft über die Medien-Resonanz verärgerten Tesla-Chef Elon Musk zu kontaktieren.
- Huawei
Heimische Medien sind schockiert. Denn der Technologieriese Huawei baut in Deutschland eine Redaktion auf. Er will hier offenbar auch Nachrichten verbreiten. Droht Deutschland eine Flut chinesischer Staatspropaganda? Diese Befürchtung steht im Raum, seit eine entsprechende Stellenausschreibung nach einem Chefredakteur bekannt wurde.
- Abbau
Auf den Umsatzeinbruch im Corona-Jahr reagiert die Handelsblatt Media Group. So werden 60 bis 80 Stellen gestrichen. Beim Handelsblatt sollen 28 Stellen wegfallen und acht neu geschaffen werden. Bei der Wiwo sollen zehn Jobs gestrichen werden und zwei neue entstehen. Betroffen sind vor allem „nicht schreibende“ Mitarbeiter in Grafik, Infografik und Fotoredaktion.
- Magazin-Trends
Am Magazin-Markt tut sich was. Erstens verkauft die FAZ-Gruppe „Markt und Mittelstand“ an die Weimer Media Group. Zweitens schickt Falkmedia Anfang November das neue Wirtschafts- und Lifestyle- Magazin „Made in Germany“ mit 100.000 Exemplaren auf den Markt. Drittens folgt „Spiegel Start“ dem nicht so erfolgreichen „bento“ für die Zielgruppe U30.
- Debattenkultur
Unter der Medien-Decke versteckt, gibt es seit 1. September den „Appell für freie Debattenräume“. Er wurde unter dem Hashtag #CancelCancelCulture veröffentlicht. Danach sollen wieder die besseren Argumente zählen und nicht zur Schau gestellte Haltung und richtige Moral. Unterzeichner sind u. a. DDR-Bürgerrechtler, NZZ-Journalisten, Boris Palmer und Alexander Mitsch.
- Kubicki
Ist Meinungsfreiheit noch garantiert? „Rechtlich schon“, sagt Buchautor Wolfgang Kubicki. Es gebe aber Sanktionsmechanismen, wenn Menschen ihre Meinung frei äußern. „Das kann bis zu Existenz-Vernichtung gehen.“ 70% würden glauben, sie könnten ihre Meinung nicht mehr frei äußern. 40% würden berufliche Nachteile fürchten, wenn sie sich gegen das Gendersternchen aussprechen.
- Gujer
Laut NZZ-Chefredakteur Eric Gujer verloren die US-Demokraten Interesse an Themen wie soziale Sicherheit und konzentrierten sich auf „Identitätspolitik“. Parallel dazu entstand an Universitäten die „Political Correctness“. Das Kauderwelsch sei längst das Idiom von US-Akademikern und Eliten diesseits des Atlantiks. Die Mittel- und Unterschicht empfinde „Political Correctness“ allerdings zu Recht als Angriff.
- Jugendsünde
Im Juli trat Niel Golightly als Senior Vice President Communications bei Boeing zurück. Grund war sein 33 Jahre alter Artikel darüber, dass Frauen nicht an militärischen Kampfeinsätzen teilnehmen sollten, es also eine Männerdomäne gebe, in der Frauen fehl am Platz seien. Diese Auffassung wurde ihm als Sexismus ausgelegt. Die Distanzierung von seinen früheren Aussagen half ihm nicht.
- Ausgestoßen
Neues Opfer der Cancel Culture. Der Verlag S. Fischer trennte sich nach 40 Jahren von seiner Autorin Monika Maron. Nach ihrer Einschätzung ist man mit ihren politischen Äußerungen zum Islam und zur Flüchtlingspolitik nicht glücklich. Laut Welt-Kommentar kündigte damit zum ersten Mal seit 1933 ein angesehener Verlag einem seiner Autoren aus politischen Gründen.
- Medienstreit
Ein Medienstreit ist ausgebrochen. Den Spiegel-Bericht über ThePioneer bezeichnet Gabor Steingart als Märchenstunde. Denn alle zentralen Aussagen seien falsch. „Fakten wurden weggelassen, verdreht oder durch Fantasy ersetzt.“ Danach berichtigt Steingart in zehn Punkten die Spiegel-Behauptungen. Fortsetzung möglich.
- Auflagen-Minus
Der Auflagen-Rückgang hält an (FAZ minus 11,8%, Abos fast minus 5%, SZ minus 6,1%). Corona drückte aber auch viele andere Titel bei der IVW-Auflagenstatistik im dritten Quartal ins Minus. Reiserückgänge belasteten den Einzelverkauf und die Bordexemplare. Aber: „Zeit“ vor allem durch Digital-Abos mit neuem Rekord und „Handelsblatt“ bei verkaufter Auflage plus 5%.
- Digital-Werbung
Laut einer DMexco-Umfrage bleiben klassische Medien 2021 die Werbe-Verlierer. Denn der Anteil der digitalen Medien wird auch im nächsten Jahr im Media-Mix der deutschen Unternehmen höher werden. Gewinner sind vor allem Suchmaschinen, Soziale Netzwerke und Audio-/Video-Plattformen. Deshalb üben sich auch viele PR-Profis immer intensiver im Online-Journalismus.
Oskar H. Metzger (Karikatur: Bubec).
Oskar H. Metzger profilierte sich als Ressortleiter bei Handelsblatt, Augsburger Allgemeine und WirtschaftsWoche ebenso wie als Herausgeber des Finanz-Pressedienstes und stellvertretender Vorsitzender des Bayerischen Journalisten-Verbandes.
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